Räuberhauptfrau Filia





Räuberhauptfrau Filia präsentiert:



F i l i a   u n d    d e r   B a u e r n h o f




Filia heißt meine kleine
große Schwester, die ich meine.
Sie hat feuerrote Zöpfe
und ein Hemd voll bunter Knöpfe,
ist mutig. Lieb und blitzgescheit
und zu jeder Tat bereit;
weshalb sie, wie ihr sicher wisst,
unsre Räuberhauptfrau ist!

Wir – das sind der liebe Rudi,
der Toni und der Hinke.Hubi,
die lust'ge Mimam, Frieda, Lu,
und Brezel-Ina noch dazu.
Fröhlich sind wir, keine Strolche,
haben Pistolen nicht, noch Dolche.
Brauchen wir nicht – s' ist bekannt,
das beste Werkzeug: derVerstand!

Wir also – die Spessartbande –
sind bekannt im ganzen Lande,
sind frei und keines Herren Knecht,
und unser Zeichen ist der Specht.
Wir zeigen Fuchs und Has' Erbarmen
und geben, was wir haben, den Armen;
denn der ist wohl ein schlechter Mann,
der nehmen nur, nicht teilen kann!

Einmal traf Filia beim Spazieren
ein Grüppchen von nervösen Tieren.
Die machten unheimlichen Krach
und jaulten, klagten „Weh!“ und „Ach!“,
sie drängten sich zu grauen Mengen
und ließen schlaff die Köpfchen hängen,
und jammerten ganz furchtbar schaurig
- kurzum: sie war'n unfassbar traurig.

Doch Filia stand sogleich parat.
„Was seid ihr Tiere so malad?
Ihr hängt herum wie welke Blätter –
drückt euch der Herbst? Das kalte Wetter?“
„Das Wetter? Tja, das wär mal was.
Da wird man ja nur 'n bisschen nass!“,
sagte ein Huhn. „Doch unsre Trauer
machte uns der grimme Bauer!

Der ist ein fieser Kerl, der Bauer,
ein Tiere-mit-der-Peitsche-Hauer,
der sperrt uns ein in dunkle Ställe,
zerhaut mit Gerten uns die Felle!
Ich mach“, sprach's Huhn, „auf Stangen Heia,
und dabei klaut er meine Eier!“
Die Kuh sprach: „Ich steh nur im Dreck
und er nimmt mir mein Kälbchen weg!“

Das Pferd: „Ich würd ja gern verduften,
doch ohne Rast lässt er mich schuften.“
Es wehklagte der Ziegenbock:
„Mich pflegt er mit dem harten Stock!“
Nicht mal ein Lichtlein in der Scheune
hatten dieses Bauern Schweine.
So ging es weiter. Esel, Hase
und Hund bekamen auf die Nase.
Und selbst die braven Enten,
die schännten, schännten, schännten:
Und uns will er im Topf servieren -
was bleibt da noch als protestieren?“

„Ihr Lieben, ich versteh' die Pein“,
sprach Filia, „doch mir fällt was ein:
er gibt sich wie ein böser König,
doch ihr seid viele, er ist wenig.
Ich will euch ein paar Dinge lehren,
um euch des Mannes zu erwehren.“
Und die Menge staunte,
was Filia so raunte.

Als später, gegen Mitternacht,
der Bauer seine Runde macht',
wagt' er den Ohren nicht zu trauen,
noch dem, was seine Augen schauen:
da stand im Hof der alte Gaul
mit einem Lachen auf dem Maul,
und sprach zu ihm: „Mein lieber Bauer,
jetzt reicht es uns. Jetzt sind wir sauer.
Wirst sehen, welcher Wind jetzt weht:
jetzt wird der Spieß mal umgedreht!“



Der Bauer – vor den Kopf gestoßen –
machte sich fast in die Hosen.
„Seit wann kann denn mein Pferdchen sprechen?
Und wofür will es sich bloß rächen?
Ja sag mal: ist es denn zu fassen?
Ich hab es soch nur schuften lassen!
Natürlich: es war alles Recht:
Ich bin sein Herr und es mein Knecht!“
Dann griff er nach den Zügeln,
um's Pferdchen zu verprügeln...

Das Pferd rief: „Bauer, bist du dumm?“,
und warf den Bauern einfach um;
und es sprach das kühne Ross:
„Ab jetzt bist du hier nicht mehr Boss!“
Von heute an, so sei's hinieden,
wird alles von uns allen entschieden!
Statt Hauen wird gesprochen!“
Da ist der Bauer weggekrochen.

Geflitzt ist er zum Stall der Schweine,
er dachte sich: „Das sind noch meine!
Der Gaul mag sprechen, wie er will;
die Schweinebiester, die sind still!“
Doch staunte dieser Bauern Bester:
was war denn das für ein Orchester?
„Wir kündigen dir auf die Treue!“,
sangen Ferkel, sangen Säue,
„Stell dir mal vor, du wärst Kotelett
und Medaillon im Schnitzelfett!
Ein Leben nur als Essen?
Kannst du getrost vergessen!
Und nun, du frecher Menschenwicht,
erfülle unser Recht auf Licht!“
Wie Donner grollte die Stampede
- der Bauer wandt sich stante pede.

Drauß' im Hof, mit raschem Schritt,
bekam vom Schaf er eine mmit
und wurde ausgelacht:
„Sie mal, was Aua macht!“
So ging es weiter: Esel, Hase
und Lamm latzten ihm vor die Nase,
dass nun endlich Ende wäre
und man Gerechtigkeit erführe.

Der Bauer – voller Scham und Dreck –
suchte erneut sich ein Versteck.
Er schlich zum Schuppe, doch beim Huhn
bekam er's mit der Angst zu tun:
„Vergiss mal gleich die alte Leier:
Ich leg sie, drum sind's meine Eier!“
Dann ward er tausendmal gepickt
und gleichsam vor die Tür geschickt.

„Der Stall!“, dacht' er, „Da ist noch Ruh!“,
jedoch da brüllt schon die Kuh:
„Ab jetzt, du alter, fieser Knilch,
gehört nur meinem Kalb die Milch!
Ich hol es nun zu mir zurück,
tritt besser aus dem Weg ein Stück!“
Da sauste er geradewegs
zum Teich und an den Rand des Stegs.
Gerettet vor den Fies-Matenten?
Nicht doch! Denn die braven Enten
wollten nie auf Bauers Gabel –
Hei!, wie pickt der Entenschnabel!
Hei!, was konnt' der Bauer flitzen!

Später dann sah man ihn sitzen,
klein und grau wie eine Ratte,
im Wirtshaus auf der Hundematte.
Und er schwor sich nachts um viere:
„Ab heut' behandle ich die Tiere
gut. So gut wie meinesgleichen.
Und morgen, als Versöhnungszeichen,
gibt es für alle auf der Wiese
'ne Riesenportion Gemüse!“

Von da an war'n die Tiere frei,
genossen Liebe, Korn und Heu,
und fröhlicher und schlauer
war auch der liebe Bauer.

Und Filia und wir? Wie waren
zum Lagerfeuerplatz gefahren
und schauten auf den Hof hinunter:
da ging's nun lustig zu und munter.

Und Filia sprach zu unsrer Bande:
„Wo ihr auch seid, in welchem Lande -
Willst du, dass man dich auch höre:
Rufe! Kreische! Trample! Störe!
Sag, was du denkst! Halt nie den Schnabel!
Sonst landest du noch auf 'ner Gabel!“










© Matthias Paßmann // Der Metwiff // https://metwiff.blogspot.com April 2020

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